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Diese Gastrezension ist von Rebekka Renken. Eine Liste ihrer Gastrezensionen auf Buchstabensalat.net findest du hier. Gastrezensionen stimmen nicht automatisch mit meiner persönlichen Meinung überein.
Für jemanden, der noch nie in China war und die Kultur und Politik dieses Landes verstehen lernen möchte, kann ich Das Feuer des Drachen nur empfehlen. Das Buch ist im Jahr 2020 erschienen, so dass nicht alle Entwicklungen heute noch aktuell sind, zum Beispiel hat die Idee des Sozialkreditsystems in den Modellregionen nicht geklappt und wurde anschließend nicht auf das ganze Land übertragen.
Dadurch, dass der Autor mit seiner Familie mehrere Jahre als Journalist und Korrespondent dort gelebt hat, findet sich in Das Feuer des Drachen ein neutralerer Blickwinkel, der beide Systeme vergleichen kann, und vergleichende Aspekte sowohl der Politik, als auch im Kennenlernen der Menschen. Außerdem bereiste er im Rahmen seiner Arbeit das ganze Land und sah so auch Ecken, die gerne vom Tourismus ferngehalten werden und konnte kritisch einen Blick darauf werfen.
Politik und Wirtschaft
Als er zurück nach Deutschland kommt, vermisst er gewisse Dinge, die in der Autokratie in China deutlich leichter funktionieren, als in unserer demokratischen Entscheidungsfindung, die viel länger dauert: die Entwicklung der Infrastruktur und insbesondere des Bahnverkehrs, der Ausbau und die Reparatur von erneuerbaren Energien, von Mobilfunknetzen, maroden Straßen, G5, Brücken und Flughäfen, die in China innerhalb kürzester Zeit gebaut werden. Wie wir uns abhängig gemacht haben, und einige Industriezweige gar nicht mehr. Hier funktionieren die Chipherstellung für unsere digitale Evolution und die Entwicklung der zukunftsweisenden künstlichen Intelligenz ist nicht „made in Germany“. Das Land der Dichter und Denker konsumiert. Die Entwicklung findet nicht mehr führend in unseren Köpfen statt.
Andererseits blickt er auch hinter die Kulissen, sieht Menschenrechtsverletzungen, eine Politik, der ihre Bürger erst mal gehorchen sollen.
Außerdem wirft er in Das Feuer des Drachen einen Blick darauf, dass diese Diktatur es geschafft hat, was allen vorher misslang: sie haben es geschafft Millionen Menschen aus der Hungersnot und Armut zu holen. Prämisse ist also bei allen Entscheidungen erst mal, den Wohlstand der Menschen zu steigern. Dadurch legitimiert sich die Macht der kommunistischen Partei und ihrer Führung und dadurch werden viele andere Entscheidungen hinten angestellt. Der Motor hinter der Macht der Autokraten ist das Geld, die Tatsache, dass der Mittelstand reicher werden kann, dass die eigenen Kinder es besser haben sollen, dass Armut und Hungersnot für die ärmsten der Armen gelöst werden konnten.
Bei uns im Westen wird gerne darüber gesprochen, dass China einer der größten Umweltverschmutzer der Welt ist, die Straßen voller Smog hängen, man ohne Atemmaske zu bestimmten Jahreszeiten nicht das Haus verlassen kann, weil die Schadstoffkonzentration so hoch ist. Saubere Luft wie hier ist dort ein Luxus. Vergessen wird dabei aber, dass auch unser Wirtschaftswunderland Deutschland, das in China in vielen Dingen als Vorbild gilt, auf dem Ausbau von Fabriken, der Industrialisierung und Energieproduktion mit Kohle basiert. Und dass einige Regionen in Deutschland, seit kein Smog mehr über den Straßen steht, heute eine hohe Arbeitslosigkeit aufweisen.
Es wird in Schwellenländern als sehr unfair betrachtet, dass wir uns zugestanden haben, die Umwelt verpesten zu dürfen, um unsere Wirtschaft entwickeln zu können, und heute 60 Jahre später die Länder, die sich jetzt an der Schwelle der Industrialisierung befinden, dazu auffordern, ihre Entwicklung mit der Energie aus erneuerbaren Quellen voranzutreiben. Warum sollten Sie auf die westliche Demokratie und Naturschutzbestrebungen eingehen, wenn China doch so deutlich zeigt, dass es doch anders geht? Gefährliche Signale. Für uns, für unsere politische Stabilität, für unsere Unabhängigkeit. Gefährlich für unsere Werte (Menschenrechte, Naturschutz, Einsatz gegen die Ausbeutung der Natur), die hierzulande bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen berücksichtigt werden müssen.
Deutschland ist in China auch deshalb ein so großes Vorbild, weil es geschafft hat, sich aus der Niederlage in den Weltkriegen zu einer der führenden Wirtschaftsnationen der Welt und in Europa zu entwickeln. Die Stimme Deutschlands hat in der Welt Gewicht.
Und noch etwas habe ich im Bekanntenkreis gehört: man schätzt an Deutschland, dass wir uns mit unserer Vergangenheit kritisch auseinandersetzen, aus Blick der Chinesen sogar zu kritisch, wir seien ja nicht für die Handlung unserer Vorfahren verantwortlich. Nach den Massakern in China durch japanische Besetzer, als zehntausende Leichen durch Flüsse trieben, ist es bis heute nicht zu Entschuldigung bekommen. Stattdessen wird in Japan an einem Staatsfeiertag der Nationalhelden gedacht. Chinesen gelten im benachbarten Japan als Feinde, ähnlich wie Frankreich und Deutschland über viele Jahrhunderte.

Chinesische Firmen interessieren sich besonders für die deutsche Industrialisierung, Autoindustrie, Ingenieurskunst, Informatik, künstliche Intelligenz und haben dort in den letzten Jahren enorm aufgeholt. Im Schatten der Aufmerksamkeit der Weltpresse hat es die neue Seidenstraße bis an unsere Haustür geschafft. Die Konsequenzen sind mir vor dem Lesen von Das Feuer des Drachen nicht bewusst gewesen.
Ziel ist nicht nur die europäischen Märkte zu erreichen, sondern auch das politische Weltbild der Autokratie als bessere Alternative zur demokratischen, westlichen Weltordnung nach Europa und in die Welt zu bringen. Und auch die Worte des aktuellen Diktators diesbezüglich werden immer klarer. Waren vor 10 Jahren die Worte noch entschuldigend, dass sie sich als Entwicklungsländer im Naturschutz und bei der Entwicklung der Menschenrechte noch nicht weiter entwickeln könnten: Heute, viele Schritte weiter entwickelt, heißt es selbstbewusst: Warum sollten wir?! Warum sollten andere Schwellenländer in Afrika oder Asien sich demokratisch und umweltpolitisch nachhaltig reformieren, wo China doch offensichtlich mit seiner Diktatur besser vorankommt?! Die Gefahr dessen sollte uns bewusst sein.
Bewusst sein sollte uns auch der Preis: China baut seinen Einfluss und seine Seidenstraße folgendermaßen: Chinesische Arbeiter in chinesischen Firmen bauen in einem anderen Land einen Hafen, Straßen, Brücken, Infrastruktur. Den Kredit muss das fremde Land aber bei einer chinesischen Bank nehmen. Dutzende Länder stehen deshalb bereits vor dem Bankrott und der Zahlungsunfähigkeit. Und wenn ein Land seinen Kredit nicht zur passenden Zeit bezahlen kann, geht zum Beispiel ein großer entscheidender Containerhafen und Knotenpunkt des Welthandels an China und wird unter chinesischer Führung für einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten kostenfrei gepachtet.
Profitieren tut das Land China, chinesische Banken, chinesische Firmen, chinesische Arbeiter. Wobei letztere dafür einen hohen Preis bezahlen: oft arbeiten sie sieben Tage die Woche, monatelang, um dann nicht mal einen Monat Urlaub bei der Familie verbringen zu können. Diese Firmen sind natürlich in staatlicher Hand, und gehören bereits zu den größten der Welt.
Damit einher geht eine Unternehmensführung, die weit entfernt ist, von unserem freiheitsliebenden westlichen System. Wir können das zurecht als Bedrohung empfinden. Wenn Menschen einfach ausgetauscht werden können, Widerstand mit Waffengewalt niedergestreckt wird, die Wirtschaft als einzig wichtige Maxime dieses System unterstützt, Versicherungen, Sozialsystem und Individualismus einfach gestrichen werden, wer sind wir dann noch?
Unsere klassischen Werte und Normen werden gestrichen. Auch das Signal an die Welt ist klar: Während nachhaltig planende Institutionen und Länder es als ihre Maxime ansehen, oben genannte Infrastrukturprojekte mit den Menschen vor Ort durchzuführen, sodass von dem Geld das Wirtschaftswachstum des jeweiligen Landes und des Einzelnen profitiert, interessieren diese Beweggründe niemanden in der Führung der kommunistischen Partei Chinas. China First. Für das chinesische Wirtschaftswachstum bezahlt die Welt monetär und moralisch.
Und während ich das heute schreibe, finden sich schon so viele Firmen auch in Europa im Besitz chinesischer Firmen, ohne dass wir das merken. Der ursprüngliche Name bleibt oft erhalten, wer im Hintergrund die Fäden zieht, das ist vordergründig hierzulande (noch) nicht spürbar. Die Führungsriege der chinesischen Manager, Arbeiter aus Billiglohnländern, Produkte „made in China“, in der ganzen Welt. Mittlerweile ist die Arbeitskraft in China zu teuer geworden. Die Fabriken werden in anderen Ländern aufgebaut. Die Bilder der Vorarbeiter, die durch die Reihen der Arbeiter in den Fabriken laufen, erinnert extrem an die Ausnutzung der Arbeitskräfte in den ehemaligen Kolonien der Europäer. In Deutschland spüren wir das noch nicht so sehr. Wann sich das ändern wird, wissen wir nicht.
Und es kommt zu Industriespionage, ganz regulär. Fast regelhaft tauchen wenige Jahre später die Produkte dieser Firmen in China auf und werden unter chinesische Leitung zu chinesischen Gewinnen kostengünstiger produziert. Auch China hat ein Silicon Valley und seine Arbeiter haben einen Zwölf- Stunden-Tag. Die Anekdote einer Wissenschaftlerin, die auf ihr Preisgeld bei einem international renommierten Wettbewerb verzichtet hat, um dort ihr Startup aufzubauen, ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben. Der Kommentar dazu lautete: In Deutschland trinken die Leute ja um 10:00 Uhr noch Kaffee! Wie soll man da Erfolg haben?!

Auch die Kinder in China merken den Druck, denn sie sollen es später bitte besser haben als ihre Eltern. Von früh bis spät wird Bildung in sie hinein investiert, für Spiel und Spaß bleibt ab Schulbeginn wenig Zeit. Bildung ist die Eintrittskarte zum Erfolg. Hobbys werden zur Maximierung des eigenen Talents und Potenzials mit privaten Trainern und dem Potenzial für spätere Musik- und Sportstipendien für teure internationale und US-Universitäten. In China ist man sicher, dass es die Kinder besser haben können, dass die zukünftigen Generationen berechtigte Hoffnung haben dürfen, dass es ihnen besser gehen wird. Bildung als Schlüssel, Hoffnung als Motor.
Doch es gibt auch Gegenbewegungen. Viele der reichsten Menschen dieser Erde leben in einer Oberschicht in China, die sich durch diese wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren bis Jahrzehnten entwickelt hat. Gerne schicken Sie ihre Kinder auf international renommierte Schulen, Bildung als Maßstab zum Erfolg, fern von der politischen Indoktrination der kommunistischen Partei.
Und auch die Partei hat Interesse daran, Chinesen als Botschafter der Kultur und Politik schon im Kindesalter in andere Länder gehen zu lassen, zum Beispiel, wenn sie ein besonderes Fußballtalent zeigen. Mittlerweile haben europäische und nordamerikanische Internate und Eliteuniversitäten Aufnahmesperren ab einem gewissen Prozentsatz an chinesischen Schülern, damit die Schulsprache die jeweilige Landessprache bleibt und nicht Chinesisch wird, so groß ist der Andrang aus dem Ausland.
Und unsere Kinder? Wie sollen die dabei mithalten? Ihnen ist diese Konkurrenz nicht bewusst, die ihre Sprache spricht aber einen viel größeren Druck gewohnt ist, viel Ehrgeiz, Durchsetzungsvermögen und Durchhaltevermögen mitbringt. Sie wissen nicht, wie viel mehr chinesische Kinder selbst bei der aktuell nicht mehr verordneten Ein-Kind-Politik bei aktuell über 1 Milliarden Einwohnern in China in Zukunft in der Lage sein werden, in Deutschland zu arbeiten. In Deutschland haben wir Eltern eher Angst davor, dass es unseren Kindern einmal schlechter geht, dass der Aufschwung in Deutschland vorbei sein könnte. Hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, das können wir weniger gut als die Chinesen, die berechtigte Hoffnungen, ja sogar Erwartungen, an die Zukunft stellen dürfen.
Unser Wirtschaftswachstum hat bereits ein so hohes Plateau erreicht, dass die weitere Entwicklung und dementsprechend auch höhere ökonomische Gewinne im gleichen Maßstab wie in China gar nicht mehr möglich sind. Wir hoffen, dass wir das Niveau an Lebensqualität in Deutschland für unsere Kinder sichern können, dass sie auch, wie wir in den letzten 70 Jahren, ohne Kriege leben dürfen und in einer wirtschaftlich stabilen Lage verhältnismäßig bequemer leben durften, als alle Generationen vor uns.
Auch für unsere Kinder ist Bildung der Schlüssel. Aber da sie bereits so bequem leben können, geht es bei Ihnen nicht darum, eine unbequeme Situation zu verlassen und Hoffnung in der Zukunft zu finden. Für sie ist Bildung anstrengend. Und die Motivation ist viel schwieriger zu entzünden, wenn die Motivation der Eltern auf die Kinder übertragen werden muss. Angst ist kein so starker Motivator wie Hoffnung. Und eine nicht empfundene Angst, da die Konkurrenz für unsere Kinder im Alltag noch gar nicht spürbar ist, Kriege und wirtschaftliche Unsicherheit noch nicht so deutlich den Weg in unsere Spiel- und Wohnzimmer gefunden haben, kann eben gar nicht motivieren.
Druck üben die Eltern in China und die Eltern in Deutschland aus. Die Mittel wollen wir allerdings in Deutschland gar nicht einsetzen. Wir wollen unsere Kinder nicht bis 8:00 Uhr abends in Nachhilfeschulen stecken. Wir hoffen, Wege zu finden, unsere Kinder intrinsisch zu motivieren. Bei einigen klappt das. Für alle anderen finden sich in den Buchhandlungen tausende Ratgeber und so lachen die Chinesen über uns und nennen uns faul. Berechtigterweise – im Vergleich.
Eine weitere Frage, die Das Feuer des Drachen aufwirft, ist: Wie groß wird die Rolle sein, die China in Zukunft in unserem Alltag spielt? Lange ein Schattenland, hat sich China nun nach den USA an die zweite Stelle der Wirtschaftsmächte in kürzester Zeit voran gekämpft. Wir sollten überlegen, wie wir damit umgehen und wie wir es schaffen, im Angesicht dessen, unsere demokratische Grundordnung aufrecht zu erhalten und aufzuhören, einfach nur auf den Gewinn durch chinesisches Geld zu schauen, wenn deutsche Firmen verkauft werden.

Die Aktionäre haben entschieden/der Gewinn unserer Firma … Vergessen wir nicht, dass wir dabei nicht nur unsere Firmen, sondern auch unsere kulturellen und politischen Überzeugungen verkaufen und seien wir kritisch. Höhere Importzölle auf „made in China“ würden weniger Billigwaren auf den deutschen Markt schütten, die Qualität erhöhen, den Konsum reduzieren. Weniger Müll produzieren, weniger Natur zerstören, weniger kaufen, was wir sowieso nicht brauchen. Weniger Zeug, mehr Zeit.
Doch China ist einer der größten Importeure Deutschlands für unsere Industrie, die für den Weltmarkt produziert. Unsere Politik tut sich daher schwer mit solch unbequemen Entscheidungen und sogar Menschenrechtsverletzungen können nicht in gleicher Weise kritisiert werden, wenn man nicht riskieren will, dass der Absatzmarkt seine Tore schließt.
Ich finde solche Kausalketten oft undurchschaubar und unerträglich. Ich bin mir aber auch sicher, dass in Deutschland viele Menschen auf die Straße gehen würden, wenn sie aus moralischen Gründen im fernen China hier zu Hause ihre Arbeitsplätze verlieren würden. Das schöne Sprichwort des umkippenden Sack Reis in China als Symbol dafür: Wen interessierts? Solange wir in Deutschland keine Ahnung von der Lebensrealität haben, die uns drohen könnte, wird die Öffentlichkeit aus dem Blick der Zukunft zurück nur die falschen Entscheidungen tolerieren. Menschenrechte nicht verteidigt, Natur nicht geschützt, Arbeitsmärkte, nicht umstrukturiert. Wirtschaftswachstum als Maxime. In Deutschland wie in China.
Und so kann ich unsere Politiker leider gleichzeitig verstehen. Es sind unbequeme Entscheidungen. Nicht schwarz-weiß. Grauzonen. Und so überschwemmen Billigprodukte schlechter Qualität unsere Märkte. Und über Huawei und den Ausbau des G5 Netzes soll sogar eine Menschenrechtsverletzungen und den chinesischen Überwachungsstaat unterstützende Firma den Netzausbau in Deutschland vorantreiben. Wollen wir wirklich durch die Chinesen überwacht werden? Man könnte auch fragen: Wollen wir wirklich durch China, die USA und Russland überwacht werden?
Ausblick
Gleichzeitig lernen wir in Das Feuer des Drachen unsere Nachbarn kennen, ihre Denkweise, die Menschen erst dann in die Kategorie Freunde und Bekannte rückt, wenn man zusammen gegessen hat. Ihren Genuss, zwölfgängige Menüs, deren Gerichte wie Kunstwerke aussehen, die sich über Stunden hinweg ziehen, die Teezeremonie, versus, wie wir hier einen Teebeutel einfach nur mit Wasser übergießen. Anstelle unseres Sozialsystem tritt in China der Wert der Großfamilie, zumindest in der Tradition, wo Großeltern ungefragt einziehen, wenn ein Kind auf die Welt kommt.
Doch auch in China zerbrechen die Traditionen immer weiter an der Modernisierung und Industrialisierung, wenn ein Großteil der Bevölkerung zum Arbeiten aus der Heimat verzieht und in der Ferne in Fabriken im Akkord arbeiten, ohne Arbeitsschutz wohl gemerkt.
Last but not least, vielleicht sogar entscheidend: Das Feuer des Drachen wirft immer wieder den Blick darauf, dass man unterscheiden muss: Zwischen den Chinesen, den Individuen, und China, dem diktatorischen Staat unter der Hand der mächtigen, kommunistischen Partei. Auf die Chinesen, die Individuen, können wir uns freuen. Wir sollten Sie kennenlernen, so wie alle Menschen aus allen Nationen, allen Kulturen, und uns gegenseitig bereichern. Vor dem autokratischen Staat sollten wir mindestens Respekt haben, wenn nicht sogar Angst vor den Überzeugungen der kommunistischen Partei und ihren Handlungen.
Und wir sollten uns rechtzeitig wehren, unsere Handlungen überdenken, jeder von uns individuell bei jeder Kaufentscheidung wie auch die großen Akteure der Weltbühne der Politik. Machen wir uns nicht zu klein, jede Kaufentscheidung ist eine politische Entscheidung. Jedes Mal, wenn wir fairtrade, Bio und Öko kaufen, entscheiden wir uns gegen das Ausbeuten durch Politik und Wirtschaft und für soziale Werte und Naturschutz. Wenn keiner mehr billig und unter menschenunwürdigen Umständen hergestellte und durch Naturzerstörung hergestellte Waren kauft, schließt jeder von uns einzeln diesen Markt und unterbindet diese Handlungen. Nach Deutschland kann nur das kommen, was gekauft wird und so ist am Ende doch der Konsument das entscheidende Zünglein an der Waage.
Viele dieser Überlegungen konnte ich vor der Lektüre von Das Feuer des Drachen nicht machen. Mir war diese Welt schlicht fern, wie wahrscheinlich den meisten Menschen in Deutschland, die noch nicht verstanden haben, wie lang der Arm von Fernost über die neue Seidenstraße mittlerweile in den Westen reicht.
Diese Gastrezension ist von Rebekka Renken. Eine Liste ihrer Gastrezensionen auf Buchstabensalat.net findest du hier. Gastrezensionen stimmen nicht automatisch mit meiner persönlichen Meinung überein.
Titel: Das Feuer des Drachen. Was Chinesen antreibt, wo sie dominieren und warum sie über uns lachen
Autor*in: Thomas Reichart
Verlag: dtv
Gerne/Themen: Sachbuch, Wirtschaft, Politik, China
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-423-28255-0
Erschienen: 21.08.2020
gelesenes Format: gebunden, auch als eBook verfügbar
Umfang: 272 Seiten






