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Es fällt mir schwer, Das Haus in dem Gudelia stirbt zu bewerten. Ich hatte absolut keinen Spaß beim Lesen, man sieht das Ende schon weit früher kommen, und doch konnte ich das Buch nicht aus der Hand legen – wie bei einem Autounfall, bei dem man kaum wegschauen kann. Auch der Schreibstil war nicht nach meinem Geschmack, die Sätze waren viel zu kurz, zu schlicht, zu trocken, zu emotionslos. Trotzdem wurden so viele Gefühle vermittelt, so viel Leid, Angst, Zorn, Resignation, Lebensmüdigkeit troff geradezu aus jeder Zeile. Nicht einmal die Charaktere fand ich irgendwie spannend. Und doch habe ich das Buch an einem Abend inhaliert.
Das Haus in dem Gudelia stirbt: Weil der Titel schon verrät, wohin die Reise führt, gab es keine wirklichen Überraschungen. Zwar wurde lange Zeit nicht explizit ausformuliert, was passiert ist und warum Gudelia ihr Haus nicht verlassen will, aber es ist schon nach wenigen Seiten nicht wirklich schwer zu erraten. Zwischendurch habe ich mich an die Serie Tatort erinnert gefühlt: Oft weiß man als Zuschauer*in schon früh, wie der Fall ausgehen wird, aber das Wie ist das Ziel der Sendung – der Tat-Hergang, die Umstände, die Motivation der Täter*innen.
Die Erzählperspektive von Gudelia selbst macht Das Haus in dem Gudelia stirbt zu einem extrem bedrückenden Erlebnis, ich würde es schon fast als verstörend bezeichnen. Das Grausamste war für mich, dass so viele kleine Details genannt wurden, die die Geschichte so realistisch und möglich erscheinen lassen. Zum Beispiel wird Gudelia in keiner der drei erzählten Zeitabschnitte als eine vollwertige und für sich allein stehende Person betrachtet:
Erst sieht man sie als eine trauernde, nicht zurechnungsfähige Mutter, dann nur als die Frau von irgendjemandem und schließlich als eine verwirrte alte Frau, der man nicht glauben kann. Das ist nur ein kleiner Tropfen in Gudelias Fass, das irgendwann überläuft. Aber Details wie diese sorgen dafür, dass ich mir wirklich vorstellen kann, dass die erzählte Geschichte so oder so ähnlich irgendwo stattfinden könnte – und das macht es beängstigend.
Das Haus in dem Gudelia stirbt ist kein 08/15-Polizei-Ermittlungs-Roman, sondern ein slow burn Drama, bei dem man das schreckliche Ende schon lange kommen sieht, aber doch nicht verhindern kann.
PS: Ich habe mir zwischen Lesen und Schlafengehen unterhaltsame Musik angemacht, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Memo an mich: Keine Krimis/Thriller am Abend!
Ich danke NetGalley und dem Verlag für das Rezensionsexemplar!
Titel: Das Haus in dem Gudelia stirbt
Autor*in: Thomas Knüwer
Übersetzung: –
Reihe: –
Verlag: Pendragon Verlag
Gerne/Themen/Altersempfehlung: Krimi, Thriller, slow burn, für Erwachsene
Preis: 15,99 € (kaufen auf genialokal.de)
ISBN: 978-3-86532-887-8
Erschienen: 21.08.2024
gelesenes Format: eBook, auch als Taschenbuch erhältlich
Umfang: 290 Seiten
Besonderheit: –