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Rezension: Guardian 1. Seelenwächter | Priest

etwa 8 Minuten Lesezeit

Das Autorinnen-Pseudonym Priest ist mir schon häufiger begegnet, mindestens eine Serienadaption ihrer Bücher habe ich sogar angesehen. Guardian – Seelenwächter ist jedoch das erste Buch, das ich von ihr gelesen habe. Ich erwartete fantastische Wesen, spannende Polizeiarbeit und vor allem starke Gefühle zwischen den beiden Hauptfiguren.

Worum geht es in Guardian 1. Seelenwächter?

Der junge Ermittler Zhao Yunlan leitet eine verdeckte Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit, die sich mit dem Übernatürlichen befasst. Gemeinsam mit seinem Team und seiner sprechenden Katze Daqing muss Yunlan die Grenzen zwischen der Welt der Sterblichen und der Unterwelt häufig überschreiten. Hinter Yunlans großspuriger, lässiger Art verbergen sich ein scharfer Verstand und ein Arsenal an arkanem Wissen, die er einsetzt, um seine Fälle zu lösen.

Bei der Untersuchung eines furchtbaren Todesfalls an einer Universität trifft Zhao Yunlan auf den mysteriösen Professor Shen Wei. Zhao Yunlan ist sofort von Shen Weis gutem Aussehen und seiner geheimnisvollen Art fasziniert. Die Anziehungskraft zwischen den beiden ist unleugbar, auch wenn Shen Wei versucht, auf Distanz zu bleiben. Schon bald stellt Zhao Yunlan fest, dass er das Rätsel um Shen Wei lösen muss, wenn er seinen aktuellen Fall aufklären will – der ihn und den attraktiven Professor tiefer als jemals zuvor in die Unterwelt führen wird. 

Quelle: Verlag

Sprachlich abwechslungsreich

Bevor ich diese Elemente, die Seelenwächter auch tatsächlich bietet, aber genießen konnte, musste ich mich erst einmal an den Schreib- und Erzählstil gewöhnen. Da es sich um eine Übersetzung handelt, kann ich schwer beurteilen, ob es an der Autorin, der Übersetzung oder dem Lektorat liegt, dass ein paar Stellen extrem holprig wirken: „So, wie er dastand, wirkte er wie ein Model aus der Parfümwerbung […], wie er so schweigend eine Weile dastand.“ (eBook, Position 1223)

Während ich mir manche Sätze und Formulierungen markiert habe, weil sie einfach SO GUT sind („[Der Mann] war auf die Nase gefallen. Und der Stein, über den er gestolpert war, hieß „einseitige Liebe“.“ Position 2374), habe ich andere mehrfach lesen müssen, um mir der Bedeutung sicher zu sein oder, wie in dem ersten Beispiel oben, weil mich merkwürdige Wiederholungen aus dem Lesefluss rissen.

Die Beschreibungen sind sehr bildhaft und besonders die Monster ließen regelrecht kleine Filmsequenzen in meinem Kopf ablaufen. Ich habe mich durch das Design der Geister an Studio Ghiblis Chihiros Reise ins Zauberland erinnert gefühlt oder auch an A Magic Steeped in Poison und Das Mädchen, das in den Wellen verschwand. Aber auf diese bildhafte Sprache folgten immer wieder ganze Abschnitte, in denen irgendwie der Funke nicht überspringen wollte – weder zwischen der Geschichte und mir, noch zwischen Zhao Yunlan und Shen Wei.

Erst im zweiten Teil des Buches konnte ich die Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren mit Freude verfolgen. Beide Männer sind deutlich aneinander interessiert, halten sich aber lange zurück, während sie (naja, einer von ihnen) hemmungslos flirten. Die Nebencharaktere sind mal sehr unterhaltsam, dann wieder etwas befremdlich – das passt perfekt zur Geschichte.

Kulturelle Einflüsse

In Seelenwächter verflochten finden sich einige offensichtliche kulturelle Unterschiede zu der westlichen Literatur, die ich eher gewohnt bin – beispielsweise die Art der Geister, die Rituale oder die Selbstverständlichkeit, mit der die Existenz übernatürlicher Wesen von der breiten Bevölkerung akzeptiert wird. Dieses über-den-Tellerrand-Schauen mag ich sehr gern.

Triggerwarnung?

Aber Seelenwächter enthält auch etwas subtilere Details, die ich an kulturellen Hintergründen festmachen würde. (Keine Sorge, die hier genannten Beispiele sind spoilerfrei!)

Zum Beispiel der Umgang mit (oder eher: die Bewertung von) Suizid im akademischen Kontext oder der Verpflichtung den älteren Familienmitgliedern gegenüber. Einige kurze Szenen fand ich schwer zu verdauen, nachdem mir diese Details auffielen: In einem Satz wird beinahe nebensächlich der Geist eines abgetriebenen Fötus mit aufgebrochenem Schädel und zerfetztem Gehirn beschrieben – eine grausame Vorstellung, die für die Handlung keinen anderen Zweck hatte als zu schockieren, sowohl eine bestimmte Figur als auch uns Lesende. Diese Szenen beschränken sich überwiegend auf den ersten Teil, wenn auch der zweite nicht weniger grausam ist – nur auf andere, für mich angenehmere Weise.

Vielleicht wäre für Seelenwächter eine Triggerwarnung angemessen, da der Klappentext sich mehr auf Romantik und Geheimnisse konzentriert und weniger auf herausgerissene Eingeweide oder Massenmord und Sklaverei innerhalb eines inzwischen ausgestorbenen Volksstammes: Es ist nur die Rede von einer „übernatürlichen Mordserie“ oder einem „furchtbaren Todesfall“.

Sowohl ein Glossar, als auch Hilfen zur Aussprache der wahrscheinlich chinesischen Namen (Dicker Pluspunkt!) und Übersichten der Figuren sind am Ende des Buches enthalten. Eine Seite mehr mit einer Auflistung potenziell schwieriger Themen wäre daher meiner Meinung nach auch noch drin gewesen.

Zum Ende hin immer besser

Der zweite Abschnitt von Seelenwächter war nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich mehr nach meinem Geschmack: weniger Horrorelemente und klassische Mordermittlung (mit übernatürlichem i-Tüpfelchen), dafür mehr Humor, Mythologie und Historie. Hier wurde auch eine Identität enthüllt, die ich schon in den ersten Kapiteln erahnt hatte und die mich sehr neugierig macht, wie sich manche Dinge nun entwickeln werden.

Diese Zweiteilung des Buches liest sich übrigens ein bisschen wie zwei Episoden einer Serienverfilmung. Vielleicht hätte die Geschichte für mich besser funktioniert, wenn ich sie als Serie verfolgt hätte? Womöglich ist sie auch bewusst so angelegt, damit sie sich leicht adaptieren lässt, wenn man die bisherigen Erfolge der Autorin betrachtet. Das ist nur meine Vermutung, aber dieser Eindruck drängte sich mir mehr als einmal auf.

Ich bin zwiegespalten, ob ich die Fortsetzung lesen möchte. Einerseits wird es gegen Ende erst so richtig spannend, was Zhao Yunlan und Shen Wei betrifft. Ich möchte wirklich verfolgen, wie sich ihre Beziehung entwickelt. Gleichzeitig reizt es mich überhaupt nicht, den Rest der Geschichte zu lesen. Die Welt ist zwar gut gebaut und die Handlung nicht langweilig, aber mich interessierte eben am meisten die Beziehung und die kam auf diesen 400 Seiten echt zu kurz, obwohl Yunlan oft nichts anderes im Kopf hatte. Ja, es ist der erste Band, da müssen sie sich erst einmal aneinander herantasten. Ja, das Ende deutet an, dass es im zweiten Band anders laufen könnte. Und doch lassen mich Schreibstil und Erzähltempo zögern.

Fazit

Guardian – Seelenwächter erzählt eine von Mysterien und Monstern durchzogene Geschichte mit einer kleinen Prise Romantik. Leider lassen Cover, Klappentext und Werbung fälschlicherweise einen Fokus auf die Liebesgeschichte erwarten, die in diesem ersten Band eher nebensächlich erscheint. Auch an den Schreibstil musste ich mich erst einmal gewöhnen, sodass die Freude an der bildlich beschriebenen Welt und ihren Eigenarten erst ab etwa der Hälfte des Buches einsetzte und mich zwar insgesamt positiv auf Seelenwächter zurückblicken lässt und wirklich neugierig auf die Fortsetzung macht, aber so richtig Lust weiterzulesen habe ich trotzdem nicht.

Vielen Dank an NetGalley und den Verlag für das Rezensionsexemplar!

Titel: Guardian 1. Seelenwächter
Autor*in: Priest
Illustrationen:
Übersetzung: Monika Li, Sarah Ozolnieks
Reihe/Band: Guardian 1 von 3
Verlag: Bramble by Droemer Knaur
Gerne/Themen/Tropes/Altersempfehlung: Urban Fantasy, Krimi, chinesische Mythologie, grumpy x sunshine, slow burn, second chance, dark academia, forbidden love, boys love, ab 16

Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3-426-56379-3
Erschienen: 02.06.2025
gelesenes Format: eBook, auch gebunden erhältlich
Umfang: 448 Seiten
Besonderheit: einzelne Illustrationen und gebundene Ausgabe mit Farbschnitt

Setting und Handlung sind interessant und vermitteln unter anderem die chinesische Kultur. Spezielle Begriffe werden entweder in Fußnoten oder im anhängenden Glossar erklärt. Dennoch hatte ich Schwierigkeiten in einen Lesefluss zu finden, da ich keinen richtigen Zugang zu den Figuren gefunden und so immer mal wieder nachgeschaut habe, wer wer ist. […] Insgesamt habe ich die Charakterausarbeitung als etwas zu schwach empfunden und hätte mir mehr Tiefe und Nahbarkeit gewünscht. Wahrscheinlich werde ich dennoch zum Folgeband greifen, da der Leser mit einem Cliffhanger entlassen wird und mir die Handlung in Summe durchaus zugesagt hat.

Das Setting und den Plott fand ich richtig gut. Es gibt interessante Enthüllungen und Geheimnisse, die im Laufe der Handlung gelüftet werden. Der Stil ist der Autorin ist nicht so einfach zu lesen. Es gibt keine Ich-Perspektive, was für mich aber ok war. Außerdem musste ich mich erst einmal an die vielen chinesischen Namen gewöhnen und habe des öfteren im Glossar nachgeschlagen. Das fand ich übrigens richtig hilfreich.

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Diese Abbildung zeigt das Cover des Buches Guardian - Seelenwächter von der chinesischen Autorin Priest. Der Hintergrund besteht aus einem hellblauen Rauch-artigen Wirbel in einer schwarzen Leere. Dieser greift die Darstellung von Geistern in dem besprochenen Buch auf. Das Cover des Buches ist im linken Teil des Bildes. Es zeigt auch den Farbschnitt des Buches an der rechten Kante des abgebildeten Buches. Dieser Farbschnitt zeigt ein Gebäude nach traditioneller chinesischer Bauart vor einer modernen Skyline mit Hochhäusern. Davor steht ein Baum, unter dem eine schwarze Silhouette einer Katze angedeutet ist. Das Buchcover selbst zeigt zwei Männer, die sich in die Augen schauen. Der linke trägt Anzug und Krawatte, dazu eine ordentliche dunkle Kurzhaarfrisur und Brille. Der rechte hält eine Zigarette zwischen den Lippen, hat etwas zerzauste kurze, dunkle Haare und trägt ein halboffenes Hemd unter seiner Jacke.
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