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Als ich einen Gutschein für einen online-Gebrauchtbuchhändler geschenkt bekommen habe sind mir Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter aufgefallen. Nicht mehr ganz neu, aber mit einem vielversprechenden Klappentext. Ich wurde neugierig, wie sehr sich New Adult in den letzten paar Jahren verändert hat – vor allem, da diese Bezeichnung damals auf dem deutschen Buchmarkt noch gar nicht so geläufig war.
In dieser Rezension gehe ich auf meine Meinung zu beiden Bänden ein, sodass es keine Spoiler für den zweiten Band Türkisgrüner Winter gibt. Klappentext, inhaltliche Beschreibungen und auch die kurzen Meinungen anderer Rezensent:innen am Ende des Beitrags beziehen sich deshalb nur auf Band 1.
Erwartet habe ich einen sehr kitschigen Collegeroman voller Klischees und eine halbwegs überzeugende Handlung. Kurz: Meine Ansprüche an diese beiden Bücher waren gering und ich war auf Enttäuschung eingestellt. Warum? Weil schon viele Bücher, die sich in erster Linie an junge Frauen richten und von deutschen Autor:innen geschrieben wurden, bei mir diese Eindrücke hinterlassen haben. Insbesondere Bücher, die in den späten 1990ern und frühen 2000ern veröffentlicht wurden, sind (sofern mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt) oft betont mädchenhaft, wollen ganz dringend über irgendetwas belehren und am besten noch Verhütungsmittel- oder Zigarettenwerbung machen. Ich war also neugierig, aber auch sehr skeptisch.
Deshalb war ich nicht überrascht, als der Anfang sich etwas schleppend las. Doch schon nach drei oder vier Kapiteln zog die Handlung an und es wurde kontinuierlich besser. Der Schreibstil ist großartig zu lesen und die Figuren realistisch: teilweise komplex und mit Tiefgang, aber doch mit so einigen Klischees bestückt. Es gibt zum Beispiel den sexy Typ, der eigentlich nett und tiefgründig ist, obwohl man Oberflächlichkeit erwartet und die tollpatschige Leseratte mit kleiner Körbchengröße und großer Bodenständigkeit.
Die Handlung ist unterhaltsam, enthält aber auch Szenen, die einen wirklich Schlucken lassen, wenn es doch mal ernst wird. Diese Balance zu halten und nicht von einem Extrem ins andere zu wanken, das muss man als Autor:in erst einmal schaffen. Carina Bartsch gelingt es in beiden Büchern mit viel Fingerspitzengefühl. Was mir aber am besten gefällt ist der durchgehend gute Humor und das Necken zwischen den beiden Protagonist:innen. Ich mag solche Liebesgeschichten, die mit gegenseitigem Piesacken anfangen (was ja grundsätzliche Sympathie impliziert) und sich humorvoll und erst im Lauf der Zeit weiterentwickeln. Sie erscheinen mir realistischer als gegenseitiges Anschmachten ab der ersten Begegnung.
So gut mir aber die Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren und auch die Geschichte an sich gefällt: Meiner Meinung nach sind beide Bücher etwas zu lang. Es gab ein paar Durchhänger, in denen nicht genug passierte, um die Seiten zu füllen, und Szenen, die einfach zu lang waren, sodass zwischenzeitlich die Spannung flöten ging. Ich glaube, 50-100 Seiten weniger hätten beiden Büchern, aber insbesondere Türkisgrüner Winter gut getan.
Einige Zeit nach dem Lesen habe ich entdeckt, dass die Reihe um Emely und Elyas tatsächlich noch weitergeht. Weil auf der Seite des Rowohlt Verlags nur diese beiden Bücher aufgelistet werden, war ich davon ausgegangen, dass die Reihe damit beendet ist. Mit großem zeitlichem Abstand von 11 Jahren ist allerdings noch ein dritter Band, Sonnengelber Frühling, erschienen, der die Geschichte fortsetzt. Warum dieser nicht (mehr?) auf der Verlagsseite gelistet wird und auch in den gängigen Online-Shops nicht mit den ersten beiden Büchern verknüpft ist, kann nur vermutet werden. Er steht jedenfalls schon in meinem Regal und wartet auf meine Aufmerksamkeit.
Fazit
Alles in allem wurde ich von dieser Reihe sehr positiv überrascht – auch, weil ich nun wirklich kaum etwas erwartet hatte. Der Schreibstil ist super und der Humor noch besser. Die gesamte Stimmung hat mich ein bisschen an Der letzte erste Blick von Bianca Iosivoni denken lassen, und das ist für mich etwas Gutes. Ich kann Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter also wirklich sehr empfehlen. Dass diese Bücher schon 12 Jahre alt sind ist nicht spürbar – sie hätten genauso gut jetzt veröffentlich werden können, so gut passen sie in den aktuellen New-Adult-Collegeroman-Trend.
Titel: Kirschroter Sommer
Autor*in: Carina Bartsch
Übersetzung: –
Reihe/Band: Emely & Elyas Reihe, Band 1 von 3
Verlag: Rowohlt
Gerne/Themen/Tropes/Altersempfehlung: New Adult, Romance, College-Roman, Second Chance, Slow Burn, ab 14
Preis: 10,- € (In deiner Lieblingsbuchhandlung kaufen.)
ISBN: 978-3-499-22784-4
Erschienen: 25.01.2013
gelesenes Format: Taschenbuch, auch als Hörbuch erhältlich
Umfang: 512 Seiten
