Dies ist eine Gastrezension meiner Schwester Dorothea. Die vertretene Meinung muss also nicht zwangsläufig meiner eigenen entsprechen.
TB | KiWi Verlag| 304 Seiten | 12,99€ | 978-3-462-05019-6 | ET 05.10.2017 | REX
Milena Glimbovski ist ein Mensch wie du und ich. Ihr geht die Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung gegen den Strich und sie hat die endlose Müllproduktion satt. Statt sich nur zu beschweren lässt sie ihren Gedanken Konsequenzen folgen und versucht so gut es geht die eigene Müllproduktion zu vermeiden. Dass das gar nicht so schwierig ist, schreibt sie in ihrem Buch Ohne wenn und Abfall.
Das Buch ist thematisch in zwei Hälften geteilt: Zunächst schreibt Milena wie sie dem Verpackungswahn entkam. Ihr Erstaunen über den Rück- und Entwicklungsstillstand unserer scheinbar hochentwickelten Gesellschaft in der Ressourcenverwertung wandelte sich in Aktionismus. Sie erzählt von ihrer persönliche Entwicklung, die in der Gründung von Original Unverpackt (OU) gipfelt. Ohne dabei belehrend zu wirken, hinterfragt Milena unser Konsumverhalten (ein anderer Ausdruck für unseren Umgang mit Ressourcen) und erläutert die tatsächlich nicht unbekannten grundlegendenden Ansätze für bessere Alternativen. Die zweite Hälfte des Buches beinhaltet Kapitel zu jedem Punkt, an dem wir in unserem Alltag Berührung mit kurzlebigen Lösungen – also meist Plastik – haben. Sie beschreibt jeweils, was gängiges Verhalten oder Produkte sind, was daran schädlich ist, und was mögliche Alternativen sind. Wo es möglich ist, gibt sie Verhaltensvorschläge, nennt Strategien, alternative Produkte und verrät praktische Rezepte.
Da ich mich hauptsächlich für den zweiten Teil des Buches interessiere, lese ich mich tapfer durch die Geschichte hinter OU und bin überrascht wie offen und reflektiert Milena von Fehlentscheidungen und eigener Unbedarftheit schreibt. Ihren Laden, in dem ökologisch hergestellte Lebensmittel unverpackt verkauft werden, zu eröffnen war kein Kinderspiel. Heute gibt sie (online-) Seminare, um NeugründerInnen an ihrem gewonnenen Wissen teilhaben zu lassen und sie davor zu bewahren, ebenfalls die eigenen Kapazitätsgrenzen zu überschreiten.
Im Folgekapitel erläutert sie das Prinzip und verschiedene Ansätze des Minimalismus, welcher grade eine Modeerscheinung zu sein scheint, jedoch viel bedeutender ist. Nach Spaß klingende Anleitungen animieren zum Ausmisten von Unnötigem und praktische Hinweise erklären was mit dem Entrümpelten anzufangen ist. Dabei verweist Milena, wie im gesamten Buch, auf andere Autoren und gibt Tipps, wo weitere Infos oder Gleichgesinnte zu finden sind. Das nächste Kapitel ist der Zero Waste Bewegung und ihren Anfängen gewidmet. Milena erklärt, was sich dahinter verbirgt und mit welchen Strategien die Richtlinien Refuse, Reduce, Reuse, Recycling und Rot ganz einfach umsetzen werden können. Es geht ihr hierbei nicht allein um die Vermeidung von Einwegverpackungen aus Plastik sondern vielmehr darum, das eigene Konsumverhalten in jeder Hinsicht zu überdenken – siehe Minimalismus.
Dabei gefällt mir am meisten ihr ehrlicher Ansatz, der sich durch das ganze Buch zieht:
Es geht nicht darum, das perfekte müllfreie Leben zu führen […]. Sobald man […] zu hohe Ansprüche an sich selbst und andere stellt, kann man nur scheitern. Dabei ist jede Plastiktüte, jeder Einweg-Kaffeebecher, den wir einsparen, einer weniger, der produziert werden muss und in den Weltmeeren landet.“ (S. 83)
Milena macht Mut ihr nachzueifern, klein anzufangen und andere zu ermutigen. Immer wieder schreibt sie von ihren Erlebnissen und eigenen Erfahrungen. Dem Lesenden wird deutlich, dass wirklich jeder, der seine eigene Bequemlichkeit überwindet und gewohntes Verhalten überdenkt und ändert, wesentlich weniger Müll produzieren kann.
Ganz konkret wird es in der zweiten Hälfte des Buches. In den Kapiteln Lebensmittel, Küche und Einkaufen, Wohnen, Körperpflege, Sex, Baby und Kind, Kleidung, Büro, Reisen werden quasi alle Bereiche des Lebens abgearbeitet. Dabei wird sich den Themen, neben der Frage wie Einwegverpacktes zu vermeiden ist, ganzheitlich genähert. Beispielweise spielt Lebensmittel betreffend bio vs. konventionell, Regionalität, Saisonalität, Fleisch ja oder nein oder wie? sowie Lebensmittelverschwendung eine Rolle. Milena schreibt, was beachtet werden sollte und wie ein Ziel erreicht werden kann, auch wenn es auf den ersten Blick etwas umständlich erscheint.
Ich hätte mir noch mehr praktische Tipps und eine teilweise tiefgründigere Recherche gewünscht. In manchen Bereichen ist mir Milenas Verhalten nicht ausreichend konsequent, so empfinde ich es als unnötig vier mal im Jahr die Garderobe auszutauschen und Kosmetikartikel (auch selbst hergestellte) zu nutzen. Wem ist damit gedient? Der Mode- und Drogerieindustrie, richtig. Wem ist damit geschadet? Mir und der Umwelt. Auf der einen Seite wird konsumgesellschaftliches Verhalten kritisiert, auf der anderen Seite praktiziert. Jedoch habe ich auch manches Offensichtliche gelernt, zum Beispiel den eigenen Stoffbeutel zum Bäcker mitzunehmen, und meinen Horizont hinsichtlich Plastikvermeidung im Haushalt, durch das Selbermachen von Putzmitteln, erweitert. Hier wiederum fehlen mir Hinweise auf die Nutzung von Naturmaterialien, die sich ganz unverpackt vor unserer Nase befinden, zum Beispiel Kastanien oder Efeu zum Waschen.
Mein Fazit
Ohne wenn und Abfall ist lesenswert. Es ermutigt mit einem umweltfreundlicheren Leben loszulegen und setzt ein deutliches Zeichen gegen das bescheuerte Standardargument „Was kann ich denn als einzelne_r schon bewirken?“. Für jemanden der sich noch nicht mit der Thematik befasst hat ist es ideal, und für „Fortgeschrittene“ ist es interessant zu lesen, wie andere sich verhalten und was noch so alles bedacht/optimiert werden kann. Das Buch ist aber auch für diejenigen lesenswert, die wissen wollen, wie OU entstanden ist.
4/5
Weitere Rezensionen
- Sommerdiebe
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© in Text und Bild: Dorothea Renken für WatchedStuff – November 2017
Hallo und guten Henrike,
ja auch der Müll wird uns irgendwann mal umbringen und deshalb ist jedes sich ändern wichtig und richtig….leider sind wir ob einfach zu faul und träge dafür….
LG..Karin…
Man kann ja klein anfangen. LG!
Wenn ich mal allein lebe, werde ich mich mit dem Thema auch mal näher befassen und das Buch steht da auf jeden Fall schon auf meiner Merkliste.
Die Kritikpunkte verstehe ich aber gut, ständig seine Kleidung zu tauschen finde ich auch nicht gerade sparsam.
Liebe Grüße!
[…] rezensiert, wie ihr vielleicht schon vor kurzem gesehen habt. (Falls nicht, habe ich euch hier noch mal ihre Rezension verlinkt.) Meine Mutter ist allerdings nicht ständig auf dem neuesten […]