Bei New Adult-Romanen aus den USA mit Sport als Kernelement gibt es auf den ersten Blick nur zwei Optionen: Football oder Eishockey. Ich war neugierig, wie Eishockey hier in Melting my Heart mit den Triggerthemen Mobbing und Essstörung verbunden würden. Auch den omnipräsenten Charakterzug der Protagonistin Row – ein Mauerblümchen – fand ich in dem Kontext spannend.
Lesen lässt sich Melting my Heart sehr flüssig. Die Handlung geht fix voran und es gibt kaum Durchhänger. Ich mag den Schreibstil der Autorin. Allerdings waren die Hauptfiguren für meinen Geschmack gedanklich noch zu sehr in der Teenagerwelt gefangen. Damit meine ich nicht die berechtigten Nachwirkungen von erlebten Traumata und Bewältigungsstrategien, sondern die generelle Reife, die sich im Verhalten und vor allem in den Gedanken der Figuren ausdrückt. Für mich klang vieles mehr nach (aus meiner Mittzwanziger-Perspektive) kindischem Schüler*innen-Drama als nach den Gedanken und Entscheidungen junger Erwachsener. Das hat mich immer wieder etwas aus der Geschichte gerissen.
Ich mochte die Freundschaft zwischen Alexis und Row, obwohl sie sich anfangs etwas befremdlich angefühlt hat. Über die Zeit wurde das aber gut erklärt. Diese beiden sind übrigens diejenigen, die sich mit den oben genannten Triggerthemen herumschlagen müssen. Gray war mir von Anfang an sympathisch. Aber es gibt mehrere Szenen, in denen er diese Sympathie fast zunichte gemacht hätte. Solche Momente hatten übrigens alle Figuren, auch Row („ich bin nicht so wie die anderen“), mit der ich mich noch am ehesten identifizieren konnte.
Ich habe mich noch nicht recht entschieden, wie ich das finde: einerseits fällt es mir schwer, solche Figuren wirklich zu mögen, andererseits sind echte Menschen auch nicht schwarz-weiß/gut-schlecht/…, sondern haben ihre guten und ihre schlechten Momente. So würde ich auch das Buch als ganzes einschätzen: mal gut, mal schlecht, mal richtig toll, mal langweilig, mal spannend – und insgesamt absoluter Durchschnitt: gute Unterhaltung für zwischendurch, aber nicht außergewöhnlich und ich habe nach dem Lesen nicht mehr oft an die Geschichte gedacht.
Ein paar schöne Zitate habe ich beim Lesen festgehalten:
„Es ist schon witzig, wie alle Leute zu wissen glauben, wie ein bestimmter Typ Mensch auszusehen hat. Als dürfe man nicht selbst entscheiden, wie man sich auslebt. Das hasse ich.“ (Position 1700)
Hierzu muss ich nicht viel sagen, denke ich. Das Zitat spricht für sich selbst.
„Aber das College und ihre Noten sind Rows Eishockey.“ (Position 3003)
Diesen Satz mag ich sehr. Viel zu oft wird Lernen und Intelligenz auch in Romanen negativ dargestellt, langweilig und eintönig, die Charaktere als graue Maus bezeichnet oder sie verbal in eine Ecke gestellt, weil sie ja nichts trendiges als Hobby haben. Hier wird aber erklärt: Dir ist Sport wichtig, mir sind meine Noten wichtig. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere – nur eben etwas anderes.
„Worte können verletzen, Taten können verletzen. Aber Missachtung kann das genauso.“ (Position 3917)
Das ist mein Lieblingszitat aus dem Buch. Hierzu kann ich nicht viel sagen, ohne zu spoilern, aber die Szene, in der dieser Satz vorkommt, gefällt mir richtig, richtig gut!
Ich danke dem Verlag und NetGalley für das Rezensionsexemplar!
Originaltitel: Melting my Heart
Autor*in: Nina Schilling
Verlag: Piper
Genre/Themen: New Adult, College-Roman, Sport-Romance, Eishockey
Preis: 9,99 € (kaufen auf genialokal.de)
ISBN: 978-3-492-98914-5
Erschienen: 28.03.2022
Format: eBook, auch als Paperback und Hörbuch erhältlich
Umfang: 456 Seiten