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[Rezension] Karma Girl. Bigtime 1 | Jennifer Estep

TB | Piper Verlag| 416 Seiten | 12,99€ | 978-3-492-28072-3 | ET 01.03.2017 | REX


Inhalt 

Magische Anziehungskraft und super Powerfrauen

In der Welt von »Bigtime« hat jede Stadt mindestens einen Superhelden. Doch selbst der coolste Held kann nichts gegen die Irrungen und Wirrungen der Liebe ausrichten. Daher sollten sich die Heroen in Jennifer Esteps neuer Reihe besser zweimal überlegen, für wen sie aus dem Spandex schlüpfen: Reporterin Carmen Cole erlebt ihren absoluten Alptraum. Kurz vor ihrer Hochzeit erwischt sie ihren Verlobten mit ihrer besten Freundin im Bett. Und es kommt schlimmer – er ist auch noch der ortsansässige Superheld und ihre beste Freundin dessen Erzfeindin! Nach dieser Demütigung beschließt Carmen, sich zu rächen und befördert die beiden geradewegs in die Schlagzeilen. Von da an ist es ihre Lebensaufgabe, Superhelden zu enttarnen. Als sie jedoch in der Metropole Bigtime die Identität der mysteriösen Fearless Five aufdecken soll, geschieht eine Tragödie. Carmen möchte daraufhin nichts lieber, als mit dem Job aufzuhören, nur leider haben die Superschurken Gefallen an Carmens Arbeit gefunden. Sie zwingen sie, sich an die Fersen des Anführers der Five zu heften. Und der sieht zu allem Überfluss extrem gut aus … (Klappentext. Quelle: Verlag)


Rezension

Ganz unschuldig habe ich vor einigen Monaten in Pipers Verlagsvorschau geblättert, als mir dieses Buch ins Auge sprang. Jennifer Estep ist – wie ihr möglicherweise schon mitbekommen habt – eine meiner Lieblingsautorinnen. Ihre Urban-Fantasy-Reihe Elemental Assassin (zu der ich einen Reihentipp geschrieben habe) um Gin Blanco habe ich vom ersten Satz an geliebt, von Mythos Academy war ich ebenso schnell überzeugt. Da ich Superhelden durchaus gut leiden kann und gern im Kino die neuesten Marvel-Filme sehe oder in meinem DVD-Regal nach den Fantastic Four greife, bestand gar keine Frage, ob ich Karma Girl lesen würde. Das ist wie ein Naturgesetz!

Erste Eindrücke

Leider konnte Jennifer Estep mich mit ihrem neuesten Reihenauftakt nicht vollkommen überzeugen. Der Anfang zieht sich schleppend dahin, die Figuren sind nicht ausgereift, sondern eher zweidimensional. Das ganze Buch wirkte in den ersten Kapiteln, wie so viele schlechte Superheldenfilme. Und, ganz ehrlich: Wenn das die Absicht der Autorin ist, dann hat sie sich wieder einmal selbst übertroffen. Sollte das allerdings nicht beabsichtigt sein, dann wurde ich als Leserin einfach nicht abgeholt. Die Szenerie war mir anfangs auch nicht ganz klar: weiß der Otto-Normal-Bürger von der Existenz der Superhelden und –schurken? Sind sie eher nervige Kerle in zu engen Gummianzügen oder angesehene Retter in Not beziehungsweise Bösewichte, die ein ernstzunehmendes Risiko darstellen? Diese Fragen klären sich recht schnell im weiteren Verlauf der Geschichte, doch für mich war die Überwindung der ersten paar Kapitel wirklich nicht einfach. Allein die Tatsache, dass ich es hier als Überwindung bezeichne, lässt eigentlich schon all meine Alarmglocken läuten. Das finde ich sehr schade, da gerade der Schreibstil der Autorin Jennifer Estep mir in den Büchern, die ich bisher von ihr gelesen habe, so gut gefallen hat. Auch ist Carmen eine schwierige Persönlichkeit, wie ich finde.

Carmen Cole, die Protagonistin

Ihren Fast-Ehemann am Hochzeitstag beim Sex mit der besten Freundin und Trauzeugin zu erwischen, während man selbst schon im weißen Kleid steckt, würde wohl jede Frau in einen temporären Wahnsinn treiben. Bei Redakteurin Carmen ist es dasselbe, nur, dass ihr Wahnsinn sich darin äußert, dass sie die beiden, die zufälligerweise auch noch ihre Superhelden- und –schurkenkostüme unter der verrutschten Kleidung trugen, öffentlich in der Zeitung zur Schau stellt und damit demaskiert. Auf einer Art Rachetrip enttarnt sie nach und nach die Helden und Bösewichte, wandert von einer Zeitung zur nächsten und klettert auf der Karriereleiter nach oben. Bis etwas entsetzlich schiefläuft und sie wieder ans untere Ende der Hackordnung fällt. Damit kommt sie zurecht, hat aber so einige Probleme und viele Dinge, an denen sie etwas auszusetzen hat. Dabei übersieht sie die Freunde, die direkt vor ihrer Nase sind; bemerkt nicht die Feinde, die ebenfalls kaum auffälliger sein könnten. Carmen ist nicht doof, versteht mich nicht falsch. Sie ist nur manchmal so sehr auf eine Sache fokussiert, dass sie alles andere nicht wahrnimmt. Sie hat ihre Ecken und Kanten – und das sind kantige Kanten -, aber auch einen starken Instinkt, den ich bis zu einem gewissen Punkt sehr eindrucksvoll fand.

Superkräfte

Ein spannendes Thema, das zwar in Comics, TV-Serien und Filmen schon lange angesagt ist, mir auf dem Buchmarkt (also in Romanform) bisher selten begegnet ist, wenn man von „normalen“ Fantasy-Kräften wie Vampirismus oder so absieht. Ich spreche hier von Kräften, die durch radioaktive Spinnen übertragen werden. Dazu passende Latex- oder Lederanzüge mit Masken müssen natürlich auch sein, vielleicht sogar ein Cape. Was mir an Karma Girl sehr gut gefällt, ist, dass dieses Genre ganz deutlich auf eine sehr liebevolle Art und Weise aufs Korn genommen wird. Das beginnt schon bei den Namen: Bewusst ist mir nur eine einzige Person aufgefallen, deren Vor- und Nachname nicht mit demselben Buchstaben anfing. Alle anderen, ob Held oder Schurke und sogar die Nebencharaktere, haben Namen wie Carmen Cole, Fiona Fine oder Fearless Five (ein bisschen an Fantastic Four angelehnt, oder?) . Dann die Kostüme, das Klischee, dass nur Reiche hinter den Masken stecken können (Nanananana…). Dass sie nicht einmal den ihnen nahe Stehenden etwas von ihrer geheimen Existenz erzählen, aber doch irgendwie immer einsatzbereit sind. Dass die Personen, die von den Helden gerettet wurden, eine Art extreme Schwärmerei entwickeln. Dass die Medien verrückt sind nach Sichtungen dieser ja so besonderen Personen, die sich absolut nicht im Schatten bewegen, ja teilweise sogar ihre Auftritte in den Abendnachrichten so richtig genießen. Gut gefallen hat mir die Umsetzung, also die Verknüpfung dieser Thematik mit dem Format Roman. Das hat tatsächlich besser funktioniert als erwartet. Während ich las hatte ich immer wieder die originialen Spiderman-Filme und die TV-Serie Smallville im Hinterkopf. Leider ging die Rechnung für mich aber nicht so gut auf, so sehr ich auch die Idee schätze und mich nach und nach sogar an die Schreibe gewöhnt hatte.

Was fehlt

Spannende Charaktere, die mehr als nur einen hervorstechenden Charakterzug oder mehr als eine besondere Eigenschaft oder Fähigkeit haben. Ja, diese Figuren sind typisch für das Superheldengenre, aber wenn Charaktere bei mir nicht das geringste bisschen Sympathie oder auch Antipathie bewirken, dann macht das Lesen einfach keinen Spaß. Carmen, ihre Freunde und auch ihre Feinde waren mir schlicht zu – schlicht, zu trocken, zu langweilig.
Ein packender Stil. Jennifer Estep ist talentiert, das möchte ich gar nicht kleinreden. Sie hat einen guten Schreibstil, sie kann ihre Leser – mich eingeschlossen – fesseln. Normalerweise. Aber auch eine noch so tolle Schreibe kann ein Buch nicht retten, wenn es zu wenig Handlung oder zu flache Charaktere hat – ich mag sie ja kaum Charaktere nennen, dafür sind sie nicht komplex genug.
Ein Gleichgewicht. Mal ernsthaft, mal humorvoll, mal auf die attraktiven Äußerlichkeiten einer Person fokussiert – Es gibt diese und jene Szenen. Aber man kommt quasi von einem Extrem ins andere, Zwischenphasen gibt es so gut wie keine.
Dass Carmen außerdem ab einer bestimmten Begegnung nur noch an das Eine denkt, fand ich außerdem überflüssig. Ja, das ist momentan ein Trend. Ja, das lockert eine ernsthafte Geschichte auf und ja, ich lese solche Szenen auch ganz gern mal. Ja, Masken, enganliegende schwarze Lederkostüme und übernatürliche Reflexe können durchaus attraktiv sein und zu solchen Gedanken anregen. Aber, meine Güte, Mädchen! Du bist eine erfolgreiche Frau (Die einen Tiefschlag in der Karriere erlebt hat, aber was soll’s!) mit Köpfchen. Da wirst du doch wohl nicht jemandem verfallen, dessen Gesicht du nie gesehen hast, geschweige denn, dass du seinen Namen kennst oder weißt, wie er sein täglich Brot verdient! Und das alles nur, weil er dich schief anguckt, in deine Wohnung einbricht und dich beleidigt? Das kann doch nicht dein Ernst sein! Dass das dann auch noch einer der Hauptstränge der Handlung wurde, ging mir tierisch auf die Nerven. Irgendwann flaute das wieder ab und sowohl Carmen als auch ich konnten uns wieder auf die Suche nach dem Bösewicht konzentrieren, aber meiner Meinung nach hat dieses Beziehungsdrama zu viel Raum eingenommen.

Was gefällt

Die Wendung zum Schluss. Dass dies der erste Band einer neuen Reihe ist, lässt sich schon an dem Titel Bigtime 1 auf dem Cover erkennen. (Ein Lob dafür an den Verlag! Ich finde es super, wenn zumindest auf dem Buchrücken oder auf U4 eine Reihennummer steht. Auf das Cover muss es nicht unbedingt, aber das ist auch okay.) Ein weiteres, unübersehbares Indiz ist allerdings auch der Cliffhanger. Es ist nichts total Dramatisches und ich bin auch nicht sicher, ob ich die Fortsetzung Hot Mama lesen muss. Es gibt einen Aspekt, der nicht nur eine Situation oder das Ende dieses Bandes beeinflusst, weil er sich verändert, sondern alles, was jetzt noch kommen mag. Mein Gedanke, als diese besagte Wendung eintrat, war (und das ist höchstwahrscheinlich ein Spoiler, daher könnt ihr das Folgende nur lesen, wenn ihr es markiert): Das hat Carmen so was von verdient! Und auf einmal ergibt auch der Titel Sinn. Es gab zwar zwischendurch immer wieder Andeutungen in Richtung „das Karma verfolgt sie“, aber dass der Titel tatsächlich ihr Superheldenname wird, setzt dem das Sahnehäubchen auf.

Nun, es war nicht alles nur schlecht. Ich habe nach etwa einem Drittel die Handlung und vor allem die Szenerie so weit verstanden, dass ich die Geschichte größtenteils genießen konnte. Besonders die Schlagfertigkeit unserer Protagonistin hat mich mehrfach schmunzeln lassen und auch das Cover gefällt mir sehr. Die Skyline in Regenbogenfarben stellt nicht nur die Stadt Bigtime dar, in der Karma Girl spielt, sondern auch die Vielfältigkeit an Superhelden und Erzschurken, die diese Stadt zu bieten hat. Die Frauensilhouette in Silber bekommt ebenfalls eine Bedeutung, wenn man weit genug liest, und das schlichte Schwarz im Hintergrund sorgt dafür, dass diese einzelnen Elemente auch gesehen werden. Richtig vom Hocker gehauen hat mich Karma Girl allerdings nicht. Und, ganz ehrlich, ich weiß nicht, was nach diesem Band noch kommen soll. Wäre dies ein Stand-Alone, wäre ich vollkommen zufrieden. Daher, wie gesagt, bin ich noch unschlüssig, ob ich die Fortsetzung lesen möchte. Es geht zwar im zweiten Band Hot Mama um Fiona Fine und nicht um Carmen Cole, trotzdem reicht es mir erst mal.

3/5


Reihenübersicht

  1. Karma Girl
  2. Hot Karma (ET 02.10.2017)
  3. Jinx (noch kein deutscher ET)
  4. Nightingale (noch kein deutscher ET)
  5. Fandemic (noch kein deutscher ET)
  • A Karma Girl Christmas (e-Novella, noch kein deutscher ET)

Weitere Rezensionen

  • Ink of Books (4/5)
  • Books – The essence of life (3/5)
  • Hörnchens Büchernest (4/5)
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Fragerunde

  1. Was haltet ihr von Superhelden und Erzschurken?
  2. Lest ihr lieber Reihen oder Stand Alones, also Einzeltitel?

11 Kommentare

  1. Ich liebe Superhelden (und die Villains natürlich)! Dieses Buch habe ich noch nicht gelesen.

    Vielleicht gefällt dir ja Please don’t tell my parents I’m a supervillain von Richard Roberts besser. Es geht um eine Gruppe Teenager, die, wie ihre Eltern, Superkräfte entwickeln und aus Versehen als Bösewichte abgestempelt werden. Da das allerdings ganz spaßig ist (und Geld bringt), reiten sie die Welle einfach.

    Ganz ohne Beziehungsdrama 😀

    • Das klingt tatsächlich etwas besser, danke für den Tipp! 🙂

  2. Danke für deine Rezension. Ich schleiche schon eine ganze Weile um den Titel und kann mich einfach nicht entscheiden, ob er etwas für mich ist.

    • Sehr gern geschehen. Konnte ich dir denn weiterhelfen?

    • Naja, zuletzt war ich eher dafür, das Buch zu kaufen, jetzt ist es wieder nach hinten gerutscht ?

    • Ah, verstehe. 🙂

  3. Tolle Rezension! Ich bin irgendwie gar kein Superhelden-Fan. Spiderman, Batman und wie sie alle heißen sind gar nicht so mein Ding. Aber Deadpool fand ich ganz witzig 🙂 Ich denken also nicht, dass ich das Buch lesen werde, auch wenn es an sich ganz gut klingt.
    Liebe Grüße
    Charline

    • Hey Charline, danke für deinen Besuch – und das Lob! 🙂
      Deadpool fand ich auch ziemlich gut. Ich bin kein extremer Superhelden-Fan, aber die Marvel-Figuren gefallen mir schon ganz gut – ab und zu. DC konnte mich noch nicht recht überzeugen.
      Liebe Grüße, Henrike

  4. Was für eine tolle und ausführliche Rezension! Ich bin gerade erst auf deinen Blog gestossen (Litnetzwerk sei dank) und bleibe einfach mal als Leserin. Spätestens als ich dein Beitrag zu Supernatural gesehen habe war ich überzeugt 😀
    Aber zurück zu deiner Rezension. Jennifer Estep konnte mich mit der Black Blade Reihe überzeugen, die Reihe ist einfach perfekt für zwischendurch und Estep hat einen sehr lockeren und flüssigen Schreibstil. Bei diesem Buch bin ich aber etwas zwigespalten. Ich liebe Superhelden und finde auch Bücher darüber durchaus interessant, aber du hörst dich schliesslich nicht zu 100% überzeugt an. Ich werde mich wohl mal durch die anderen Rezensionen klicken und mich dann entscheiden, ob ich das Buch lesen will oder nicht.
    Liebe Grüsse
    Julia

    • Danke für dein Lob! Ich freue mich immer wie Oskar, wenn jemandem meine Rezensionen wirklich gefallen.
      Ja, mit Supernatural kann man einfach nichts verkehrt machen. 😉
      Karma Girl hat mich tatsächlich nicht überzeugt – ich bin aber auch kein Hardcore-Superhelden-Fan. Ab und zu schaue ich mir gern mal die Marvelfilme an und auch Deadpool hat mir beispielsweise sehr gut gefallen, aber immer und andauernd muss das für mich nicht sein. Solltest du dich für das Lesen entscheiden, bin ich gespannt auf deine Meinung!
      Liebe Grüße, Henrike

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