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Rezension: Das Geheimnis der Talente | Mira Valentin

Verfeindete Gruppen, mystische Wesen, eine Protagonistin, die urplötzlich in eine ihr völlig fremde Welt katapultiert wird – Mira Valentin erfindet mit Das Geheimnis der Talente das Rad nicht neu, aber ich hatte mal wieder richtig Lust auf eine solche Geschichte.
Das Buch wurde schon vor einigen Jahren im Carlsen-Imprint Impress veröffentlicht und ist jetzt überarbeitet im Selbstverlag neu erschienen.

Kennst du sie – diese besonderen Menschen, deren Sog dich schonungslos mitreißt? Pass gut auf, denn jeder von ihnen könnte ein Dschinn sein!

Stell dir vor, du entwickelst eine seltsame Gabe: Auf einmal triffst du mit jedem Ball in den Korb, mit jedem Pfeil ins Ziel. Genau so ergeht es Melek – doch lange kann sie sich nicht darüber freuen. Denn Jakob, der Anführer einer geheimen Gruppierung, offenbart ihr, dass ihr „Talent“ erwacht sei und sie fortan gegen mystische Gestaltwandler kämpfen soll. Diese verführerischen „Dschinn“ rauben ihren Opfern durch einen Kuss alle Gefühle und lassen mitleidlose, kaltherzige Menschen zurück, deren Taten seit jeher die Welt aus dem Gleichgewicht bringen. Nur die Talente sind in der Lage, das zu verhindern.

Melek muss sich entscheiden – zwischen ihrem alten und dem neuen Leben, zwischen Sicherheit und höchster Gefahr. Und irgendwie auch zwischen den Talenten und den Dschinn. Denn einer ihrer Feinde scheint gar nicht so böse zu sein, wie ihr erzählt wurde.

Klappentext. Quelle: Website der Autorin

Allerdings hätte ich vorher lieber in die Leseprobe schnuppern sollen: dass die Protagonist*innen um die sechzehn Jahre alt sind und sich damit um die üblichen Probleme von Teenagern sorgen, ging leider nicht aus dem Klappentext hervor. Ich hatte, aus welchem Grund auch immer, mit Figuren im Alter von etwa 20, 25 Jahren gerechnet. Es fiel mir etwas schwer, emotional am Ball zu bleiben, wenn es um Hausaufgaben, erste Gefühle und Krach mit den Eltern ging. Versteht mich nicht falsch, Hausaufgaben, Liebe und Familie spielen auch beispielsweise in College-Romanen eine wichtige Rolle, und die lese ich momentan sehr gern. Aber die Figuren legten eine Unreife an den Tag, die für das Alter typisch ist, mich aber stellenweise echt genervt hat. Melek selbst ist mir auch nicht wirklich sympathisch geworden.

Ein Hinweis zum Alter der Protagonist*innen im Klappentext wäre also für meine Entscheidung für oder gegen Das Geheimnis der Talente hilfreich gewesen.

Eine mystische Welt mit Teenie-Drama

Interessant fand ich dagegen den anfangs nur angedeuteten Hintergrund der Handlung: Böse Wesen werden von einer Armee aus Talenten in Schach gehalten, die sich einem alten islamischen Schutzsymbol bedienen: der Hand der Fatima. Diese „Talente“ entwickeln als Teenager ihre Fähigkeiten, die einen als Orakel, die nächsten als schnelle Läufer oder gute Nahkämpfer oder, so unsere Protagonistin Melek, als Volltreffer. Sie trifft alles, mit allem, wenn sie die körperliche Kraft dafür hat. Es fängt mit unfehlbaren Würfen im Schulbasketball an und weitet sich später mit etwas Training auf Schusswaffen, Pfeil und Bogen oder auch zweckentfremdete Aschenbecher aus.

Es scheint eine weltweit organisierte Gruppe mit militärischen Rängen zu sein, die diesen Krieg gegen die sogenannten Dschinn steuert, aber Informationsfreiheit wird in dieser Struktur ganz offensichtlich klein geschrieben: nur das wenigste kann Melek herausfinden, und das nicht, indem sie ihre Verbündeten fragt, ganz im Gegenteil. Ihre Gruppe wird von einem charismatischen Typen angeführt, dessen Talent dummerweise dazu neigt, Mädchen zärtliche Gefühle zu entlocken. Melek ist da keine Ausnahme. Das wiederum gefällt ihrem Mitschüler Erik nicht, der für Melek schon eine ganze Weile schwärmt. Und damit das Dreieck (eigentlich ist es dann schon ein Viereck) komplett ist, gesellt sich mit der Zeit noch Levian dazu. Der allerdings trägt seine Herkunft als Dschinn im Gepäck und muss sich richtig anstrengen, Meleks Vertrauen zu gewinnen.

Wir haben hier also ein Mädchen, das umworben wird von einem Menschen, einem Talent und einem Dschinn. Kennen wir das irgendwoher? Ich habe mich jedenfalls sehr an Twilight mit Bella, Edward (Vampir), Jacob (Werwolf) und Mike (Mensch) erinnert gefühlt. Nicht immer war das positiv, denn auch die Dynamik zwischen den vieren ist sehr ähnlich. Vielleicht ist das immer noch ein beliebtes Rezept, um Urban Fantasy und Romantik für Jugendliche zu mixen? Meinen Geschmack trifft es jedenfalls nicht.

Das E-Book "Das Geheimnis der Talente" von Mira Valentin steht auf einem Holzstapel. Zu erkennen ist das Cover. Im Hintergrund sieht man die Schnittenden aufeinandergestapelter Baumstämme.

Was mir gut gefallen hat

Am spannendsten finde ich die Figur Mike, der sich für den Erzengel Michael hält. Ganz im Ernst! Und er scheint Dinge zu wissen, die er laut Jakob – dem Anführer der Gruppe – nicht wissen dürfte. Wie gesagt, Informationen werden nicht an das gemeine Fußvolk weitergegeben … Ist an Mikes Behauptung also vielleicht sogar etwas dran? Ich hoffe, dass Mikes Hintergrund und seine Figur in den folgenden Bänden mehr aufgearbeitet wird, denn in diesem Band ist er leider nur so präsent wie eine Randnotiz. Um ganz ehrlich zu sein, er wäre einer der wenigen Anreize für mich, die Reihe weiterzulesen.

Das, und die Frage nach Details über die Dschinn. Es wird nur wenig preisgegeben, aber die paar Brotkrumen machen mich neugierig. Die Armee der Talente ist mir fast egal, auch die großen Entwicklungen, die sich gegen Ende dieses ersten Bandes dargestellt haben. Was ich wissen möchte ist, wer Mike wirklich ist und was tatsächlich hinter der grausamen Fassade der Dschinn bzw. hinter dem Krieg zwischen Dschinn und Talenten steckt.

Es hat mir gefallen, dass Das Geheimnis der Talente in Deutschland spielt, in der Nähe von Marburg. Da ich dort schon mehrfach war, hatte ich das Gefühl, auch bei wenig detailreichen Beschreibungen ein ganz gutes Kopfkino von der Handlung zu haben. Es war eine nette Abwechslung, mal nicht in den USA oder in Kanada zu sein oder dem aktuellen Trend mit Schottland oder England zu folgen und dennoch nicht in Berlin oder München zu landen. Und trotzdem hat es sich nicht wie eine kleine lokale Geschichte angefühlt, sondern wie ein ganz normales Jugendbuch.

Fazit

Das ist für mich ein dicker Pluspunkt: Es ist vielleicht nicht MEIN Buch, aber es hat alle Zutaten, die es braucht, um anderen Menschen, wahrscheinlich vorrangig Jugendlichen, zu gefallen.

Die Idee gefällt mir, die Umsetzung als etwas klischeehaftes Teenie-Liebesdrama war mir aber zu viel.

Vielen Dank an den NetGalley-Adventskalender 2021 für das Rezensionsexemplar.


Bibliografische Daten

Titel: Das Geheimnis der Talente
Reihe: Talente Band 1
Autor*in: Mira Valentin
Verlag: Selbstverlag, Book on Demand
Genre/Zielgruppe/Themen: Urban Fantasy, ab 12, Liebe

Preis: 4,99 € (Kindle) oder 14,99 € (Taschenbuch) (kaufen auf genialokal.de)
ISBN: 9783754338766
Format: Kindle-eBook oder Taschenbuch
Umfang:  462 Seiten
Erschienen: September 2021

Weitere Meinungen zu :

„Für mich war das Buch leider – obwohl ich es so gern mögen wollte – nicht das Passende. Vielleicht war es auch einfach der falsche Zeitpunkt und es hätte mir ein anderes Mal besser gefallen.“

Sabine für Lesen und Träumen

„Wenn ihr eine Fantasy Reihe lesen möchtet, die euch fesselt und so schnell nicht mehr loslässt, solltet ihr die Talente Reihe schleunigst lesen und jetzt, wo sie so wunderschön neu aufgelegt wird, ist  sie ein absolutes Glanzstück im Bücherregal.“

Ela für Addicted 2 Books (Mitglied im offiziellen Bloggerteam der Autorin)
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