Zum Inhalt springen

Strange the Dreamer 1. Der Junge, der träumte | Laini Taylor | Rezension

Last updated on 2. August 2021

Laini Taylor war mir ein Begriff, bevor ich mich für Strange the Dreamer interessierte. Ihre Daughter of Smoke and Bone habe ich damals angefangen, aber abgebrochen, weil ich irgendwie keinen Zugang zu der Geschichte gefunden hatte. Trotzdem habe ich das Buch positiv in Erinnerung und werde irgendwann einen neuen Versuch starten. Die Autorin schreibt nämlich ganz wunderbar – und herrlich strange.

Strange the Dreamer hat mich jetzt völlig gefesselt. Die Geschichte, die vom Träumen im direkten und im übertragenden Sinn handelt, von Personen erzählt, die vielschichtig sind und sich weiterentwickeln, finde ich schon ziemlich klasse. Das Ganze verpackt in Taylors Stil ergibt ein tolles Gesamtpaket.

Inhalt

Lazlo Strange, dem Titelgeber, der den Großteil der Geschichte aus seiner Perspektive erzählt, ist eine großartige Figur. Ihm wurde nichts mitgegeben im Leben, niemand hat ihn so gut man konnte unterstützt. Erst als er Geschichten hört, Geschichten, so unwahrscheinlich und fantasievoll, so anders als alles, was er je mit eigenen Augen gesehen hat, erst dann beginnt sein Leben richtig. Und ab diesem Punkt hegt und pflegt er die Geschichten in seinem Inneren. Die Geschichten über eine Stadt, die von jetzt auf gleich unerreichbar wurde und deren Namen plötzlich aus den Köpfen der Menschen verschwand.

Die zweite Erzählperspektive nimmt Sarai ein, eine Halbgöttin, die in besagter Stadt lebt – oder eher: darüber, im Verborgenen, in Angst, von den Menschen, die darunter leben, entdeckt und getötet zu werden – wie ihre Mutter. Und Sarai hat blaue Haut.

Herrlich Strange

Damit bin ich bei einem Punkt, der mich damals bei Daughter of Smoke and Bone wohl irritiert und vielleicht auch abgeschreckt hat: ich erinnere mich, dass auch dort eine Figur blaue Haut hatte (oder täusche ich mich da? Es ist so lange her…). Während das damals schräg war – im negativen Sinn – finde ich es heute umso interessanter, „anders“ finde ich gut. Es regt die LeserInnen an, mitzudenken, das Kopfkino anzustrengen und zu versuchen, die Bilder, die Taylor beschreibt, zu sehen, statt sie sich nur vorzustellen. Hilfreich ist hierbei auch, dass sich viele Szenen, gerade im letzten Drittel, in Träumen abspielen. Hier sind dem Gehirn keine Grenzen gesetzt, nichts von dem, was man sich vorstellt, muss irgendwie realistisch oder umsetzbar sein. Wenn die Rede ist von einem blauen Mädchen mit roten Haaren (die Beschreibung hat mich übrigens an Mystique von den X-Men erinnert – ob das wohl die Absicht der Autorin war?), stolzen Tieren, die an Hirsche erinnern und durch die Straßen marschieren und von einer Engelsstatue in Überlebensgröße, die im Himmel schwebt, ohne irgendwie fixiert zu sein, dann entstehen in meinem Kopf sofort die entsprechenden Bilder. Kurz: Ich habe lange kein Buch mehr gelesen, das mein Kopfkino so angeregt hat wie Strange the Dreamer.


Und der Schreibstil – abgesehen von der Kreativität, die aus jeder Zeile tropft – ist selbst ziemlich klasse. Flüssig zu lesen, auch, wenn man im Wartezimmer von kranken Menschen umgeben ist oder in der Straßenbahn sitzt: Ich habe es geschafft, alles um mich herum auszublenden und einfach nur zu lesen. Beim Arzt musste ich mehrfach aufgerufen werden, bis ich merkte, dass ICH gemeint war, und mit der Straßenbahn hätte ich fast die Haltestelle meines Arbeitsplatzes verpasst. Deutliche Anzeichen dafür, dass dieses Buch ziemlich gut und fesselnd ist, würde ich sagen. 

Das Cover finde ich ziemlich gut gelungen und ich freue mich, dass man nah beim Original geblieben ist. Insgesamt hat die ganze Reihe schöne, zueinander passende Cover. Die hier auf Band 1 abgebildete Motte spielt übrigens eine beträchtliche Rolle im Roman!

Cliffhanger durch Teilung des Buches

Zuletzt muss ich kurz etwas zum Ende sagen: Der Cliffhanger ist so, so gemein! Ich liebe es, wenn AutorInnen Cliffhanger so einsetzen, wie sie eingesetzt werden sollen, und wenn sie gut darin sind. Und das ist Laini Taylor definitiv.
Hier kommt aber noch hinzu, dass die deutsche Übersetzung die zwei englischen Originalbände noch einmal in je zwei Teile gliedert. Dazu hat sich der deutsche Verlag entschieden, weil das Buch so statt über 600 nur 350 Seiten hat. So werden aus zwei Büchern vier. Und es macht sich meiner Meinung nach am Ende der jeweils ersten Hälfte stark bemerkbar: Der Cliffhanger, den wir LeserInnen erleben, war so von der Autorin ursprünglich gar nicht vorgesehen! Die Handlung wird einfach auf etwa der Hälfte des Buches abgeschnitten, um dann im nächsten Teil direkt fortgesetzt zu werden, ohne irgendeine Form der Einleitung. Es gibt auch in diesem ersten Teil keinerlei Hinweis, dass man sich dem Ende des Buches nähert. Vielleicht erinnert sich der/die eine oder andere von euch noch an die Spannungskurven, die in Deutschunterricht behandelt wurden. Diese Kurve wurde bei Strange the Dreamer einfach durchtrennt und funktioniert deshalb nicht mehr richtig. So toll das Buch ist – und ich finde es wirklich super! -, es tut ihm nicht gut, wie es in der deutschen Übersetzung behandelt wurde. Vom Aufteilen eines Buches kann man ja generell halten was man will (und ich bin davon nicht begeistert, wie ihr seht), aber wenn darunter die Geschichte leidet, dann ist das für mich total daneben.

Positiv

  • fantastisches Wordlbuilding
  • interessante Elemente und Figuren
  • großartiger Sprach- und Schreibstil
  • wahnsinnig schönes Cover, das sehr nah am Original ist

Negativ

  • fieser Cliffhanger durch das Aufteilen des Originals, der sich fehl am Platz anfühlt
  • es braucht ein paar Seiten, bis man richtig in der Geschichte drin ist – aber dann ist man so richtig drin

Fazit

Strange the Dreamer ist neben Richard Schwartz‘ Fluchbrecher eines meiner Highlights der letzten Jahre! Besonders die großartige Sprache und das fantastische Worldbuilding überzeugen und regen dazu an, die Fortsetzungen zu lesen.

Welche Bücher haben euch durch ihr Worldbuilding von sich überzeugen können?


Bibliographische Daten

Titel: Strange the Dreamer. Der Junge der träumte
Reihe:
Band 1 von 4
Autor:
Laini Taylor
Übersetzung:
Ulrike Raimer-Nolte
Verlag: One (Bastei Lübbe)
Genre/Zielgruppe:
Erzählendes für junge Erwachsene

Preis: 15,00 € (HC) | 9,99 € (E-Book) | ab 11,99 € (Hörbuch)
ISBN:
978-3-8466-0085-6
Format:
Hardcover mit Lesebändchen
Umfang:
343 Seiten
Erschienen:
30.09.2019
Besonderheit:
Das engl. Original wurde im Deutschen auf zwei Bücher aufgeteilt. Dies ist also Band 1, Buch 1.

Dieses Rezensionsexemplar wurde mir im Rahmen einer Leserunde der Lesejury zur Verfügung gestellt.

Weitere Meinungen zu Strange the Dreamer 1. Der Junge der träumte von Laini Taylor

Dieses Buch kann ich allen empfehlen, die sich entweder mit magischen Geschichten auseinandersetzen möchten oder einfach ein gutes Buch lesen möchten. Denn das ist es: Ein verdammt gutes Buch.

Anna von Ink of Books

All meine Erwartungen an Strange the Dreamer von Laini Taylor wurden mehr als nur erfüllt.

Jill von Letterheart

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert